Kurt Eggenschwiler Meister seines Fachs

Erfahren Sie hier mehr über den Abteilungsleiter Akustik/Lärmminderung der Empa, Ing. dipl. ETHZ Kurt Eggenschwiler.

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KURT EGGENSCHWILER, AKUSTIKER

«DER COCKTAILPARTY-EFFEKT MUSS NICHT SEIN.»

Artikelquelle: Hochparterre.ch | Aufgezeichnet: Rahel Lämmler | Foto: Nicole Hametler

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MR. AKUSTIK

KURT EGGENSCHWILER, ING. DIPL ETHZ, RÜTI, ZH

Der Akustiker hat 1981 sein Studium als Elektroingenieur an der ETH Zürich abgeschlossen. Mit akustischen Fragestellungen hat er sich bereits in seinen Semester- und Diplomarbeiten auseinandergesetzt. Als Assistent arbeitete Kurt Eggenschwiler zwei Jahre an der Professur für elektrotechnische Konstruktionenan der ETH, danach wechselte er zur Empa, wo er heute die Abteilung Akustik /Lärmminderung leitet. Seit rund 20 Jahren unterrichtet Eggenschwiler an der ETH am Departement Architektur Raumakustik und am Departement Bau, Umwelt und Geomatik Lärmbekämpfung. Er ist Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Lärmbekämpfung.

Kurt Eggenschwiler ist zudem Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Akustik (SGA)

www.empa.ch/akustik


Kurt Eggenschwiler über seine Arbeit:

An der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf können wir in unterschiedlich ausgestatteten Räumen akustische Situationen erlebbar machen. Der Hallraum etwa entspricht einer Höhle. Die vielen schallharten Oberflächen reflektieren den Schall beinahe ohne Verlust. In diesem Raum ist es extrem hallig und laut — eine für unser Gehör unbekannte Situation, weshalb es einem schwerfällt, sich im Raum zu orientieren. Ein anderer Raum simuliert das Gegenteil: ein freies Feld, das den Verhältnissen im Aussenraum entspricht. Dieser schalltote Raum irritiert genauso das Gehör und den Orientierungssinn.
Wie wir einen Raum wahrnehmen, ist von verschiedenen Faktoren wie Licht, Materialien, Farbigkeit, Proportionen oder Akustik abhängig. Wie sich diese Elemente gegenseitig beeinflussen, ist noch zu wenig erforscht. An der ETH Zürich versuche ich den Studierenden beizubringen, wie sie Räume akustisch angenehm gestalten können.

Der Innenarchitekt Rudolf Schricker hat einmal gesagt: «Architekten entwerfen mit offenen Augen, aber bei völliger Taubheit.» Doch einen Raum «voraushören» ist nicht einfach — unser Ohr ist viel weniger geschult als das Auge.
Mit der Textildesignerin Annette Douglas haben wir einen akustischen Vorhang entwickelt. Dafür arbeiteten wir mit Methoden aus der Elektroingenieurtechnik: Der Stoff wurde in ein elektrisches Ersatzschaltbild verwandelt und konnte so rechnerisch erfasst werden.
Zur Verständlichkeit gesprochener Sprache in einem Raum gibt es harte Rechenwerte, die eingehalten werden müssen. Beispielsweise in einem Museum, wo Führungen oder Notfalldurchsagen gemacht werden. Auch für die Behindertengleichstellung ist die Sprachverständlichkeit wichtig. Laut Statistik sind zehn Prozent der Bevölkerung leicht hörbehindert — dazu zählen auch Menschen mit einer Erkältung. Es gibt aber eine Ebene, die nicht messbar ist. Russell Johnson war für die Raumakustik im Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) verantwortlich. Er hat, als das Gebäude längst fertig war, Konzerte besucht und die Konstellationen laufend angepasst. Nur so lässt sich das akustische Raumerlebnis optimieren.

Beim Bau von Konzertsäälen arbeiten heute immer Akustiker mit. Weltweit gibt es etwa zwanzig herausragende Aufführungshallen. Darunter befinden sich das Casino in Basel, dieTonhalle in Zürich und eben das KKL.
In Alltagsräumen trifft man oft auf unangenehme Situationen. Alle kennen den Cocktailparty-Effekt: Viele Menschen in einem Raum mit harten Oberflächen treiben die Lautstärke immer weiter hoch. Das Ziel wäre, ein Gleichgewicht zwischen Lärmpegel und Raumwahrnehmung zu schaffen. Mit einer guten Gestaltung könnte bereits viel erreicht werden, damit nicht nachträglich Schaumstoff angebracht werden muss. Ungünstig sind flache, glatte Wände. Der breite Einsatz von Diffusoren wäre interessant.
Wir befinden uns auf einem guten Weg — das Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen Oberflächen und Wohlbefinden in einem Raum ist geschärft worden. Mit der Professur von Gramazio & Kohler an der ETH arbeiten wir an einem gemeinsamen Projekt: Sie entwerfen digital fabrizierte, akustisch wirksame Strukturen, und wir stellen im Labor akustische Skizzen von Räumen her. Entweder mit Computersimulation oder Modellen, wo wir mit Mikrofonen reinhören. Vergleichbar mit einem Rendering nähern wir uns so der Realität an. Vielleicht wird es in fünf Jahren ein Produkt geben, das spezifische Situationen darstellen kann und das auch optisch überzeugt.